Diese Rechtsprechung sollten Sie kennen!

Verbraucherbauvertrag bereits bei Auftragsvergabe eines Gewerks einer Neubaumaßnahme?

In einem aktuellen Urteil hat das OLG Hamm entschieden, dass schon die Beauftragung nur eines Gewerks bei einer Neubaumaßnahme ausreichend sein kann, um einen Verbraucherbauvertrag (§ 650i BGB) darzustellen. Dies ist deshalb für Sie von Bedeutung, weil daran Rechtsfolgen geknüpft sind, die Sie unbedingt kennen sollten.

Nach der gesetzlichen Definition des §§ 650i BGB liegt ein Verbraucherbauvertrag dann vor, wenn der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Die Vorschrift wurde erst zum 01.01.2018 in das BGB eingefügt, sodass bislang noch keine belastbare Rechtsprechung vorlag.

Verbraucher ist gemäß § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Demnach würde es sich bei einem Bauvertrag über das private Wohnhaus eines Unternehmers oder Freiberuflers ebenfalls um ein Rechtsgeschäft mit einem Verbraucher handeln.

Das OLG Hamm hatte bereits früher entschieden, dass sich der Begriff des „Gebäudes“ sich nicht nur auf den Bau von Wohngebäuden beschränkt, sondern auch auf gewerbliche Immobilien beziehen kann.

Problematisch war bislang vor allem die Frage, ob dieser Auftragnehmer sich zum Bau des gesamten Gebäudes „aus einer Hand“ verpflichtet haben muss, damit ein Verbraucherbauvertrag vorliegt. Eine Literaturmeinung sah dies als Voraussetzung an, mit der Folge, dass ein Verbraucherbauvertrag grds. Nur gegeben gewesen wäre, wenn der Auftragnehmer mit sämtlichen Neubauleistungen beauftragt worden wäre. Hierbei hätten nur Gewerke von „lediglich untergeordneter“ Bedeutung (zum Beispiel Maler und Bodenbelagsarbeiten) im Leistungsumfang fehlen dürfen, ohne dass es an der Herstellungsverpflichtung „aus einer Hand“ gefehlt hätte.

Eine andere Ansicht sah im Interesse des Verbraucherschutzes eine weite Auslegung als erforderlich an. Ihre Vertreter gehen davon aus, dass auch bei einer Aufteilung eines Neubaus in Einzelgewerke, die für den jeweiligen Unternehmer erkennbar in einem engen Zusammenhang mit der Gesamtbaumaßnahme stehen ein Verbraucherbauvertrag vorliegen kann.

In seiner jüngsten Rechtsprechung hat das OLG Hamm sich nun dieser Auffassung angeschlossen. Dies führt zu dem Ergebnis, dass schon bei der Beauftragung eines einzelnen Gewerkes ein Verbraucherbauvertrag vorliegen kann. Das Gewerk müsste dann lediglich zum Bau des neuen Gebäudes beitragen. Weitere Voraussetzung wäre, dass die Beauftragung zeitgleich oder jedenfalls in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt ist und die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Auftragnehmer erkennbar gewesen ist. Diesbezüglich bleibt zwar noch abzuwarten, wie andere Gerichte, insbesondere der Bundesgerichtshof diese Frage in Zukunft beurteilen werden.

Bis dahin führt dies allerdings zu einer gewissen Rechtsunsicherheit, die für sie von erheblicher Bedeutung sein kann.

Grundsätzlich müssen Sie damit rechnen, dass für jedes Gewerk, auch wenn es für die Gesamtbaumaßnahme nicht von Bedeutung ist (z.B. Malerarbeiten etc.) unter Umständen ein Verbraucherbauvertrag vorliegt. In Zweifelsfällen sollten Sie vorsorglich immer davon ausgehen, es mit einem Verbraucher als Auftraggeber zu tun zu haben.

Was bedeutet das Urteil in der Praxis für Sie?

Textform erforderlich:

Dann gilt es zu beachten, dass ein Verbraucherbauvertrag immer der Textform (§ 126b BGB) bedarf. Dies ist eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wurde. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Derzeit erfüllen Papier, USB-Stick, CD-ROMs, Speicherkarten, Festplatten, E-Mails und auch ein Computerfax diese Voraussetzung dem Grunde nach.

Ein Verstoß gegen dieses Formerfordernis, z.B. wenn Sie den Vertragsabschluss nur mündlich vornehmen, führt dazu, dass der Vertrag von Anfang an nichtig ist (§ 125 Abs. 1 BGB).

Ein Jahr und 14 Tage Widerrufsrecht des Verbrauchers:

Problematisch ist außerdem, dass der Verbraucher nach § 650l BGB berechtigt ist einen Verbraucherbauvertrag zu widerrufen. Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt frühestens, wenn der Unternehmer den Verbraucher in Textform ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat.

Das Widerrufsrecht erlischt spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss, unabhängig davon, ob eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgt ist. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Verbraucher, der keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erhalten hat, den Verbraucherbauvertrag innerhalb der 1-Jahresfrist (zzgl. 14 Tage) widerrufen kann. Dies gilt selbst dann, wenn die Bauleistung inzwischen abgeschlossen ist. In diesem Fall sind die beiderseitigen Leistungen zurückzugewähren. Dies ist in aller Regel bei einer Bauleistung nicht möglich, sodass Wertersatz (§ 357d BGB) zu leisten ist.

Die Ausübung des Widerrufsrechtes durch den Verbraucher nach Ausführungsbeginn kann für den Unternehmer schwerwiegende Folgen haben. Zwar kann der Unternehmer Wertersatz gemäß § 357d BGB verlangen, jedoch nur für die Leistungen, die bis zum Widerruf erbracht worden sind und deren Rückgewähr ihrer Natur nach ausgeschlossen sind. Haben sie z.B. für das Bauvorhaben speziell angefertigte Fenster etc. produziert, diese aber noch nicht eingebaut, können Sie dafür keine Vergütung verlangen. Dies ist darin begründet, dass noch nicht verbaute Bauteile und Baustoffe auch keine erbrachte Leistung darstellen.

Abschlagsrechnung nur in Höhe von 90 % der Gesamtvergütung:

Weiterhin dürfen Unternehmer bei Verbraucherbauverträgen (§ 650m Abs. 1 BGB) mittels Abschlagsrechnung nur bis zu 90 % der Gesamtvergütung verlangen. Die verbliebenen 10 % dürfen erst im Rahmen der Schlussrechnung abgerechnet werden.

Sicherheitsleistung oder Einbehalt bei 1. Abschlagsrechnung:

Des Weiteren ist dem Auftraggeber (§ 650m Abs. 2 BGB) bereits bei der 1. Abschlagszahlung eine Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel i.H.v. 5 % der vereinbarten Gesamtvergütung zu stellen. Dies erfolgt in der Praxis häufig durch die Stellung einer Bürgschaft oder in dem Ihr Auftraggeber einen entsprechenden Einbehalt von der Abschlagsrechnung vornimmt. Kommt es zu Nachträgen, muss diese Sicherheit gegebenenfalls aufgestockt werden.

Keine Bauhandwerkersicherung:

Verbraucher, die einen Verbraucherbauvertrag (§ 650i BGB) und einen Bauträgervertrag (§ 650u BGB) geschlossen haben, sind von der Pflicht zum Stellen einer Sicherheit befreit.

Herausgabe von Planungsunterlagen:

Zudem trifft den Unternehmer nach § 650 n BGB die Verpflichtung bestimmte Unterlagen an den Bauherrn herauszugeben. Danach sind rechtzeitig vor Beginn der Leistungen diejenigen Planungsunterlagen zu erstellen und herauszugeben die der Auftraggeber zum Nachweis gegenüber Behörden benötigt, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeführt wird. Dies gilt allerdings nur, wenn der Auftraggeber oder ein von ihm beauftragter Dritter diese Planungsunterlagen nicht selbst erstellt hat.

Daraus ist ersichtlich, dass ein Verbraucherbauvertrag mit wesentlichen Einschränkungen für Sie verbunden sein kann, worauf Sie ein besonderes Augenmerk haben sollten. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass von diesen Ausnahmen nicht zum Nachteil eines Verbrauchers abgewichen werden kann.