Behördlich angeordnete Quarantäne bei Corona-Verdacht – Was ist zu tun?

In vielen Regionen sind die coronabedingten Infektionszahlen nach den Sommerferien wieder gestiegen. Insbesondere Reiserückkehrer aus Risikogebieten sind aktuell von angeordneten Quarantänen betroffen, aber auch Personen, die mit positiv Getesteten in Kontakt standen. Handelt es sich bei den Betroffenen um Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ergeben sich im betrieblichen Alltag häufig Fragen, die wir Ihnen gerne nachfolgend beantworten möchten:

Hat Ihr Arbeitnehmer einen Lohnanspruch im Falle einer angeordneten häuslichen Quarantäne?

Ordnet das Gesundheitsamt für Ihren Mitarbeiter eine Quarantäne an, weil er sich möglicherweise mit dem Coronavirus infiziert hat, kann er seine Arbeitsleistung nicht erbringen, es sei denn, er verfügt über einen Homeoffice-Arbeitsplatz.
Getreu dem Grundsatz „ohne Arbeit keinen Lohn“ hat Ihr Arbeitnehmer zunächst einmal keinen Anspruch auf Vergütung. Allerdings hat er als „Quarantänebetroffener“ gegen die Behörde, die die Quarantäne angeordnet hat, einen Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Als Arbeitgeber sind Sie zunächst zur Auszahlung des Entschädigungsanspruches gesetzlich verpflichtet und zahlen in den ersten 6 Wochen der Quarantäne (bei Corona-Infektionen aktuell 14 Tage) den Verdienstausfall Ihres Arbeitnehmers in Höhe des Nettoentgelts. Sie treten somit mit der Auszahlung der Entschädigung in Vorleistung. Allerdings sind Sie berechtigt, für die geleisteten Zahlungen bei der anordnenden Behörde eine Erstattung zu beantragen. Zentral geschieht dies in Hessen über das RP Darmstadt unter folgenden Link: ifsg-online.de.
Besteht ein Vergütungsanspruch Ihres Arbeitnehmers im Falle einer nachgewiesenen Corona-Infektion?
Kann Ihr Arbeitnehmer infolge einer nachgewiesenen Erkrankung mit dem Coronavirus nicht arbeiten und wird aus diesem Grund von einem Arzt krankgeschrieben, so hat er, wie bei jeder anderen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, einen Entgeltfortzahlungsanspruch.
Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nicht, wenn Ihren Arbeitnehmer ein Verschulden trifft. Ob ein Verschulden Ihres Arbeitnehmers vorliegt, wenn er in Kenntnis einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gegen Ihren Willen eine Privatreise in ein Risikogebiet unternimmt und nach seiner Rückkehr positiv auf das Corona-Virus getestet wird, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden. Erfahrungsgemäß ist allerdings davon auszugehen, dass die Rechtsprechung keinen besonders strengen Verschuldensmaßstab ansetzen wird.
Darf ich meinem Mitarbeiter private Reisen in Risikogebiete verbieten?
Grundsätzlich können Sie Ihrem Mitarbeiter private Urlaube nicht verbieten, selbst dann nicht, wenn er in ein Risikogebiet reist. Die Entscheidung, wo er seinen Urlaub verbringt, ist seine private Entscheidung. Allerdings muss Ihr Arbeitnehmer ihnen mitteilen, ob er sich in den letzten 14 Tagen in einem Gebiet aufgehalten hat, das wegen der Corona-Pandemie als Risikogebiet gilt. Ebenso muss er angeben, ob er Kontakt zu jemandem
hatte, der unter Infektionsverdacht steht oder bei dem eine Corona-Infektion nachgewiesen wurde.
Müssen sich Reisrückkehrer aus Risikogebieten zwingend in Quarantäne begeben?
Aktuell gilt: Wer aus einem Risikogebiet zurückkehrt, muss sich in der Regel zunächst 14 Tage lang in häuslicher Quarantäne begeben. Zurzeit wird bundesweit eine Verkürzung der Quarantänezeit auf 5 Tage diskutiert. Hierzu gibt es aber bisher noch keine rechtliche Regelung.
Die häusliche Quarantäne kann unter Umständen umgangen werden, wenn der Reiserückkehrer ein ärztliches Zeugnis vorweist, das bescheinigt, dass maximal 48 Stunden vor Einreise ein PCR-Test durchgeführt wurde und keine Infektion mit dem SARS-CoV-2 vorliegt. Auch nach Einreise aus einem Risikogebiet kann ein negatives ärztliches Zeugnis die Quarantäneregelung aufheben. Auch hier stellt ein negativer PCR-Test einen ausreichenden Nachweis dar.
Muss ich als Arbeitgeber einem Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet, der sich dorthin wissentlich und gegen meinen ausdrücklichen Wunsch begeben hat, im Falle einer Quarantäne die Entschädigung gemäß § 56 Infektionsschutzgesetz (vor)leisten?
Grundsätzlich sind Sie im Falle einer behördlich angeordneten Quarantäne als Arbeitgeber gemäß § 56 Absatz 5 Infektionsschutzgesetz verpflichtet die Entschädigung, wie oben dargestellt, vor zu leisten. Ist Ihr Arbeitnehmer allerdings wissentlich und entgegen Ihrem ausdrücklichen Wunsch in ein Risikogebiet gereist und muss sich demzufolge in Quarantäne begeben, erachten wir es als rechtlich vertretbar, die Zahlung zu verweigern und den Arbeitnehmer auf sein eigenes bestehendes Antragsrecht hinsichtlich der Erstattung seines Verdienstausfalls zu verweisen.
Möchten Sie die Zahlung nicht verweigern, sollten Sie die Entschädigung nur unter dem Vorbehalt zahlen, dass ein Erstattungsantrag positiv beschieden wird. Auf Bundesebene wird im Moment eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes diskutiert, um die Rechtsauffassung, dass der Arbeitnehmer bei vorsätzlicher Reise in ein Risikogebiet seinen Entschädigungsanspruch verliert, gesetzlich zu verankern. Bis jetzt existiert allerdings keine rechtliche Regelung.
Darf man einen Arbeitnehmer, der aus einem Risikogebiet zurückkehrt, gegen seinen Willen freistellen?
Kehrt ein Mitarbeiter aus einem Risikogebiet zurück, bedarf es regelmäßig keiner Freistellung, da er sich gesetzlich verpflichtend in Quarantäne begeben muss. Ist eine Quarantäne nicht angeordnet worden, weil ein negativer PCR-Test vorliegt, kommt eine einseitige Freistellung nicht in Betracht. Das Beschäftigungsinteresse Ihres Mitarbeiters überwiegt in diesem Fall Ihrem Freistellungsinteresse, da der Mitarbeiter zunächst durch den negativen PCR-Test ein geringeres Infizierungsrisiko nachgewiesen hat. Nach den Vorgaben des RKI besteht erst dann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich der Reisende nicht angesteckt hat, wenn ein zweiter Test fünf bis sieben Tage nach Rückkehr aus dem Risikogebiet durchgeführt worden ist. Liegt ein solcher zweiter Test vor, wird die einseitige Freistellung von der Arbeitsleistung (insbesondere unter Wegfall der Lohnfortzahlung) nur noch in Ausnahmefällen zu begründen sein. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Test eines Arbeitnehmers zu bezahlen.
Kann ich meinen Arbeitnehmer gegen seinen Willen freistellen, wenn er deutliche Symptome einer Corona-Infektion aufweist, jedoch nicht in einem Risikogebiet war?
Grundsätzlich besteht ein Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers, der mit Ihrem Interesse an einer Freistellung abzuwägen ist. Zeigt ein Arbeitgeber deutliche
Krankheitssymptome sollten diese zunächst mit dem Hausarzt abgeklärt werden. Erklärt sich der Arbeitnehmer hierzu nicht bereit, kommt eine betriebsärztliche Untersuchung in Betracht. Gegebenenfalls kann durch einen PCR-Test der Verdacht ausgeräumt werden. Bis dahin kann eine Freistellung unter Hinweis auf arbeitsschutzrechtliche Vorschriften bzw. bestehende Fürsorgepflicht gegenüber den Kollegen angeordnet werden.
Erhält Ihr Arbeitnehmer für die Zeit der einseitigen Freistellung ein Arbeitsentgelt?
Die einseitige Freistellung führt in der Regel dazu, dass Sie sich mit der Arbeitsleistung Ihres Arbeitnehmers in Annahmeverzug befinden. Der Arbeitnehmer hat demzufolge einen Anspruch auf Fortzahlung des Lohns. Eine Vergütungspflicht entfällt nur dann, wenn dem Arbeitnehmer ein Verschulden im Zusammenhang mit der Corona-Infektion nachgewiesen werden kann. Ein solcher Nachweis wird Ihnen nur in Ausnahmefällen gelingen.
Hinweis: Häufig wird im Falle der Arbeitsverhinderung durch coronabedingte Umstände (z.B. Quarantäne, notwendige Betreuung von Kindern bei Kita- oder Schulschließungen, usw.) eine Vergütungspflicht aus der Regelung des § 616 BGB hergeleitet. Dies ist höchst umstritten und nicht abschließend höchstrichterlich geklärt. Wir vertreten hierzu die Ansicht, dass eine solcher Anspruch entsprechend dem Wortlaut tatsächlich nur bei vorrübergehenden Verhinderungen (z. B. Tod eines nahen Angehörigen) besteht, nicht aber bei Arbeitsverhinderungen durch Corona.
Sollten Sie noch weitere Fragen zu der Thematik haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Zudem möchten wir Sie noch auf die angefügte Handlungsempfehlung sowie auf das Merkblatt für Arbeitnehmer aufmerksam machen.
Freundliche Grüße aus Gießen


Uwe Loth Ass.                       iur. Björn Hendrischke
Landesinnungsmeister          Geschäftsführer


Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Hessen Goethestr. 10 | 35390 Gießen Tel. 0641 97437-35 | Fax 0641 97437-23 bhendrischke@shk-hessen.de | www.shk-hessen.de